Ueber eine Art Eigenart...
Seit ich vor 24 Stunden vom sandigen Australien ueber (Eis)Berge, Ozean und Wolken ins kuehl fruehlingsbeginnhafte Neuseeland flog begann ich das erste Mal eine Art Eigenartigkeit zu fuehlen, wie sie mir auf dieser Reise noch nicht begegnet ist. Irgendwie empfand ich, zu frueh hier zu sein. Kein Reisefueher in der Tasche (dafuer Mark Twain), keinen Plan, wie ich mich hier fortbewege, wo ich eigentlich hin will. Nur die Vorgabe, in drei Tagen 900 km weiter suedlich sein zu muessen. Autostoppen? Hm, sicher eine Moeglichkeit, aber irgendwie war mir nicht danach. Busse? Nein, die fahren hier nur gegen den Uhrzeigersinn. Ein Auto muss her, mindestens eins, war der (letzte) Entschluss, den ich gemeinsam mit meinem Bruder und dem oberoesterreichischen Empfangskommitee vom Flughafen gefasst hatte, und so war der erste Weg nach Baggage Claim nicht ein Hostel, sondern ein Backpacker Autobazar. Vier Blicke, acht Telefonanrufe, drei geworfene Muenzen und eine "drueber schlafen muessen" Nacht steh ich nun da, mit meinem ersten eigenen Auto, einem nigelnagelneuen 1989er Toyota Corolla, obwohl ich mir nichteinmal sicher bin, wie man das schreibt. Der Hauptgrund, warum ich diesen Wagen einfach haben musste, ist, dass ich mich schon jetzt darauf freue, ihn zu einem kleinen Wuerfel stampfen zu lassen, wenn sich andere Backpacker zu gut dafuer fuehlen. Das waeren die nichteinmal 250 Euro wert. Ach ja, und eventuell begleitet er mich auch auf den nach Australien laecherlich erscheinenden Distanzen hier. Ob die Entscheidung weise war, weiss ich nicht, aber da ich mir in meinem Alter weder Weisheit anmassen moechte, noch mich dazu genoetigt fuehle, sie als Ersatz fuer andere Tugenden mein Eigen nennen zu muessen, bleib ich vorerst leichtsinnig, wie es mir rangmaessig zusteht, wenn auch ueberlegt leichtsinnig. Immer wieder trifft man Entscheidungen, die sich im Nachhinein als entweder brilliant oder aber fatal herausstellen koennen. Ich hoffe auf das erste, und ausser hoffen werde ich mein bestes und ueberlegtestes dafuer tun, es zu einer solchen zu machen. Von Christchurch selbst habe ich ausser Automaerkten noch wenig gesehen, und irgendetwas zieht mich weg aus dieser Stadt, nicht nur die Zeit. Wirklich wohl fuehle ich mich in Neuseeland nach einem Tag noch nicht, und trotzdem gibt es da nicht einen einzigen Moment, in dem ich ein grosses, tiefes Loch graben will um jetzt schon nach Wien zurueckzukehren. Nein, es zieht mich woanders hin, und auch wenn ich nicht weiss in welche Richtung, begebe ich mich heute Abend auf die letzte Etappe, die mich noch wenige hundert Kilometer weiter von diesem fernen Ort, den ich daheim nenne, fortfuehrt, bevor es wieder noerdlich und umkehrend oestlich geht. Und zwar mit meinem eigenen Auto. Ich weiss nicht, warum ich das wollte, aber irgendwie fuehlte es sich richtig an, wenn auch eigenartig.
snake.gg - 22. Nov, 03:09