Freitag, 29. Dezember 2006

Ueber Vielfalt...

In weniger als 24 Stunden teile ich mir 333 Inseln mit einer Horde unermuedlicher Backpacker, einigen Hochzeitsreisenden und einer Handvoll Militaerkommandanten, die Gefallen daran gefunden haben, alle paar Jahre die Regierung zu entlassen. Naja, die haben zumindest eine Regierung. Nachdem ich die letzten beiden Stunden damit verbracht habe, zwei Quantas Angestellte zu terrorisieren, da diese aus unergruendlichen Gruenden meine Flugtickets fuer ungueltig erklaert hatten, bin ich nun - mit einer anderen Airline aber auf Quantas' kosten - auch bereit dafuer, Aotearoa zu verlassen. Neuseeland. Das, was ich an diesem Land am meisten schaetze, ist die Vielfalt. Die unfassbare Endlosigkeit der Umgebung, Unterschiedlichkeit der Vegetation und weitgehende Faehigkeit des Landes, Gedanken und Empfindungen zu beeinflussen. Sechs Wochen "nur", sechs intensive Wochen, sechs Wochen, in denen die erste der letzten kaum aehnelt und die vierte auf einem anderen Kontinent spielen koennte als die dritte. Ein eigenes Auto, und trotzdem hunderte Kilometer zu Fuss. Etliche Naechte bei einer Temperatur, die nicht nur auf meine kleinen Zehen inhumane Auswirkungen hat, und wenige Stunden darauf ein Bett, dass dem Gefuehl der Gemuetlichkeit auf so einer Reise eine neue Definition verleiht. Regenwald. Vulkane. Gletscher. Sandstraende. Berge. Weinanbauregionen. Schafsweidefelder. Huegel. Waelder. Schlammpools und doch immer wieder Mal eine Stadt. Ein drittel dieses Landes ist Nationalpark, und trotzdem fuehlt es sich so an, als ob man die Natur, die sich selbst reguliert, kaum verlaesst.
Sogar Unterwasser. Gestern war ich seit langem wieder einmal dort, in dieser fremden Welt mit anderen Gesetzen, und die kalten Gewaesser rund um die Poor Knights Islands koennen sich alle mal mit den tropischen Korallengaerten (und oder Friedhoefen) Australiens, Thailands oder Indonesiens messen. Einfach anders, eine andere Art von Erfahrung, eine andere Umgebung, Umwelt. Wie bei einem Urwald fliegt man zunaechst ueber die dichte Kelpdecke hinweg, das eigentliche Spektakel verbirgt sich aber darunter und dazwischen. Keine Haie, sondern die kleinen Dinge beeindrucken, wie in einem Labyrinth sucht man sich seinen Weg durch die Hoehlen. Viele Tiere haben mich in den letzten Monaten beeindruckt, aber seit neuestem reihen sich neben Schlangen, Pinguinen, Bonobos und Delfinen auch die Nudibranchia ein, die mit ihrer Farbenvielfalt einem expressionistischem Kunstwerk aehneln. Die Faszination laesst einen vieles vergessen, von der Nullzeit bis zum Tauchpartner. Trotzdem sind wir ohne Dekokammer wieder in Auckland angekommen, mein Buddy ersparte mir sogar noch das Autostoppen zurueck und den Abend verbrachten wir bei Minus 5 Grad in einer Bar, die Cocktails in Glaesern aus Eis serviert. Seit gestern teile ich seit langem wieder denn Alltag eines Backpackers, mit allem was dazugehoert, vom Schlafen im Dorm mit fuenf Israelis, die ihre fetten Rucksaecke auf meine Ukulele stellen und einem Schweden, der mich um halb vier aufweckt um zu fragen, ob ich seinen Vodka gesehen habe.
Bei fuenfzehn Laendern in sieben Monaten sind sechs Wochen durchschnittlich gesehen eine lange Zeit. Aber Zeit ist auf einer Reise wie dieser immer Mangelware, und kann an Durchschnitten nicht gemessen werden. Sechs Wochen, Monate oder Jahre. Von einem Ort, der mit gefaellt, kann ich nie genug bekommen, und deshalb spielt es keine Rolle, ob ich morgen abreise oder naechste Woche. Hierher muss ich sowieso zurueck, frueher oder spaeter. Alles was ich hier und ueberall sonst erlebt habe, nehme ich in einer Form mit. In Form von Erinnerungen, Veraenderungen, Worten, Souveniers oder Fotos. Doch einiges laesst man auch zurueck, man veraendert Dinge oder Menschen mit seiner Anwesenheit. Neuseeland ist ein spiritueller Ort, denke ich, doch was genau ich damit meine, weiss ich nicht
Was ich weiss ist, dass ich morgen knietief im Sand stecke, und mir die beste Stelle suche, um die ersten Sonnenstrahlen des naechsten Jahres entgegenzunehmen.
m

Henry David Thoreau

I went to the woods because I wished to live deliberately, to front only the essential facts of life, and see if I could not learn what it had to teach, and not, when I came to die, discover that I had not lived.

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22. Februar!


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Zuletzt aktualisiert: 12. Dez, 15:54

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